Konstruktion#2
für drei Bleche, eine Saite, Stimmen und Live-Elektronik
Die Komposition existiert in zwei Versionen:
Konstruktion#2: Tro (2017)
Konstruktion#2: Karkk (2016)
Konstruktion#2 ist eine Instrumentalskulptur/ein neues Soundsetup und eine Komposition, entwickelt zur Realisierung der elektroakustischen Soli Konstruktion#2: Karkk (2016) und Konstruktion#2: Tro (2017).
Die Komposition ist von den Klängen und Obertonspektren dreier Metallstücke inspiriert und geprägt.
Das Thema von Konstruktion#2 ist die Erforschung und Darstellung neuer Proportionen und Klänge an Hand der Gesetzmäßigkeiten und Möglichkeiten, die den drei hochverstäkten Metallstücken innewohnen, die Erforschung und Darstellung der Vermischung von Realem und Surrealem, Klängen und ihren Schattierungen.
Das instrumentale Setup besteht aus drei Blechen, einer E-Gitarre, 2 Mikrofonen, einem Tablet, einem Mischpult, einem Arduino und einem Computer/MaxMSP. Mit Hilfe von TouchOSC-Controllern auf einem Tablet und einem Drahtsensor kann die MaxMSP-Software in Echtzeit gesteuert werden.
Die Kompositionen Tro und Karkk bestehen aus drei Teilen, die live geformt und variiert werden. Sie sind so strukturiert, dass sie in wiedererkennbaren Formen aufgeführt werden können, die jedoch nie identisch sind. Dadurch wird jedes Konzert zum Unikat, das verschiedene Variationen der der Komposition zugrunde liegenden Idee zeigt.
Die beiden Versionen von Konstruktion#2 unterscheiden sich kompositorisch an zwei Stellen leicht voneinander (s.unten, Teil 1b, 2b).
Komposition
Komposition
Teil 1a – Blech 1
Blech 1 wird mit einem Bogen gestrichen. Sein Klang wird direkt am Metall mikrofonisch
verstärkt und weitergeleitet. Während des Streichens wird ein “Molekül des Klanges”, ein spektraler Ausschnitt, durch die Berührung eines am Mikrofon angebrachten Sensors extrahiert und digital verarbeitet.
Zum Extrahieren des Klanges verwende ich ein freeze-Subpatch, das im Rahmen des Tutorials
“A Tutorial on Spectral Sound Processing Using Max/MSP and Jitter” von Jean-François Charles
im Computer Music Journal 2008 veröffentlicht wurde. Dieses Tutorial ist als open source im Internet frei zugänglich:
http://www.mitpressjournals.org/doi/abs/10.1162/comj.2008.32.3.87
https://cycling74.com/toolbox/charles-spectral-tutorials/
Da es nicht kontrollierbar ist welche Momentaufnahme, welche “Zeitscheibe” des Klanges extrahiert wird, klingt die Struktur ihrer digitalen Transformation, ihres musikalischen
Schattens, in jeder Aufführung unterschiedlich:
Blech1, Transformation1: Studioaufnahme
Blech1, Transformation2: Konzert A
Blech1, Transformation3: Konzert B
Teil 1b – Variation über Blech 1
Teil 1b ist ein liedartiger Abschnitt (wobei der Begriff “Lied” sehr offen definiert ist), der auf rekonstruierten tonalen Anteilen des gestrichen ersten Klanges aufgebaut. Durch Sinustöne nachgestellte Frequenzen mischen sich mit live zugespielten Einwürfen eines Sprechers. Die den Einwürfen zugrunde liegende Sprachaufnahme ist im privaten Rahmen entstanden. Es ist die Probeaufnahme eines vom Sprecher selbst gedichteten Textes, der zahlreiche Wortspiegelungen enthält.
Version Tro (2017):
Der durch die freeze- Funktion “eingefrorene” Klang wird in Echtzeit auf seine tonalen Anteile hin analysiert und durch Sinustöne rekonstruiert. Die Sinustöne bilden das Obertonspektrum eines Moments ab. Sie stehen gerade auf einer Tonhöhe, oder können zwei zeitlich unterschiedliche Momente durch Glissandi miteinander verbinden. Der Beginn und die Lautstärke der Sinustöne wird manuell gesteuert. Ihr Ende wird durch Zufallsautomatisierungen bestimmt.
Version Karkk (2016):
Charakteristische Frequenzen von Blech 1 wurden analysiert, durch Sinustöne rekonstruiert und als Zuspiel vorbereitet:
Gestrichener Ausgangsklang:
Charakteristische Frequenzen des Klanges zwischen 663,38 und 861,77Hz:
Freier Nachbau dieses Frequenzbereichs mit Sinustönen:
Weitere charakteristische Frequenzen:
903Hz
1015Hz
Teil 2a – Blech2
Blech 2 wird mit einem Bogen gestrichen. Sein Klang wird direkt am Metall mikrofonisch verstärkt und weitergeleitet.
(…) (s. Teil 1a)
Teil 2b – Variation über Blech 2
Auch Teil 2b hat einen “lied”artigen Aufbau, und verbindet teils rekonstruierte tonale Anteile des zweiten Blechklangs mit vokalen Einwürfen.
Die Sprecherin des den Sprachblöcken zugrunde liegenden Textes ist ein 7-jähriges Mädchen, das mit Begeisterung das ABC-Gedicht aufsagt, das sie in der Schule gelernt hat. Auch diese Aufnahme ist im privaten Rahmen entstanden.
Version Tro (2017):
Wie in Teil 1b werden Sinustöne durch Fader aktiviert, die eine Momentaufnahme der tonalen Anteile des zugeordneten Klanges, hier des Klanges von Blech 2, abbilden. Im UnterschiedTeil 1b werden diese Klänge jedoch nicht gebogen, sondern nach dem aktiven Zuspielen in einem zufälligen Zeitrahmen in verschiedenen Geschwindigkeiten wieder ausgefadet.Ein Sinuston von 378Hz, der einen Halbton unter der Grundfrequenz von Blech 2 (~397,8Hz) liegt, wird durch den ganzen Abschnitt hindurch zugespielt.
Die auf ebenfalls 378Hz gestimmte, mit einem Ebow aktivierte G-Saite, wird parallel dazu mit dem Stimmhebel langsam nach oben gebeugt. Das Glissando führt an der Grundfrequenz von Blech 2 vorbei, und endet im Verlauf dieses Abschnitts bis hin zum Abstand einer kleinen oktavierten
Sekunde über dieser Grundfrequenz.
Version Karkk (2016):
Frequenzen, die im oberen Frequenzspektrum des Ausgangsklanges angesiedelt sind (dominantere Frequenzen dieses Klanges werden in Teil 3 teilweise zugespielt), wurden analysiert, durch Sinustöne rekonstruiert und zugespielt:
Gestrichener Ausgangsklang, Blech2:
Spektralausschnitt 1: 1272-1326 Hz
Spektralausschnitt 2: Bereich um 1598 Hz
Sinuston eine Sekunde unter dem Grundton des Frequenzbereichs, nach unten oktaviert:
378Hz:
Auf dem Tisch liegende E-Gitarre mit E-Bow:
Die auf 378Hz gestimmte schwingende G-Saite wird mit dem Stimmhebel langsam nach oben gebeugt. Das Glissando führt am Grundton des Spektralausschnitts vorbei, und endet im Verlauf dieses Abschnitts bis hin zum Abstand einer kleinen oktavierten Terz über 378Hz, also einer oktavierten Sekunde über dem Grundton des ausgewählten Frequenzbereichs.
Teil 3 – 3 Bleche
Alle drei Bleche werden mikrofoniert, und perkussiv mit Holz, Metall und einem Soft Mallett bespielt. Ihre Signale werden sowohl in Reinform als
auch digital transformiert in die Lautsprecher geleitet. Zusätzlich dazu werden einzelne, in ihrer Tonhöhe veränderte Blechklänge, und mit Sinustönen nachkonstruierte Frequenzen der Bleche dem Gesamtklang zugespielt:
Version Karkk: Frequenzen von Blech 2 werden als vorkomponiertes Tape zugespielt.
Version Tro: die Frequenzen der gerade bespielten Bleche werden in Echtzeit analysiert, rekonstruiert und unter Verwendung vorkomponierter Regeln zugespielt.
Manche der perkussiven Metallklänge werden direkt nach ihrem Anschlag digital “eingefroren” (s. Teil 1a) und dem Gesamtklang in Form gebeugter Schatten zugespielt.
Die Mikrofone werden so hoch ausgesteuert, dass die Summe der Signale mit Hilfe eines Ringmodulators und eines Gen-Pitch Controllers quasi “Schlieren” wirft, farbige Schatten, die sich ähnlich ineinander fließender Farben gegenseitig beeinflussen und verändern.